Bentow kann es einfach
Von: Spannungsmomente
Datum: 30. August 2025
Wenn ich ein Buchregal öffne und mich frage, von welchem Autor ich wohl die meisten Bücher besitze, dann gibt’s bei mir nur eine Antwort: Max Bentow! Ich glaube, es gibt wirklich kein einziges Buch von ihm, das nicht bei mir eingezogen ist. Und natürlich war klar: Sein neuestes Werk musste ich sofort lesen. „Rabenland“ ist der zweite Band seiner neuen Reihe um Carlotta Weiss und Nils Trojan – und ich kann schon mal verraten: Ich habe es innerhalb von zwei Nächten verschlungen.
Worum geht’s?
Vor einer Klinik in der Uckermark wird ein schwer verletztes, 17-jähriges Mädchen abgelegt. Wie sich herausstellt, handelt es sich um Lilly Steiner, die seit einem Jahr als vermisst galt. Lilly überlebt, doch sie ist traumatisiert und schweigt. Ihre Erinnerungen sind lückenhaft – alles, was sie sagen kann, ist, dass sie „unter Raben“ gelebt habe … und angeblich ihre Sprache erlernt hat.
Carlotta Weiss und Nils Trojan übernehmen den Fall und folgen der Spur in ein abgelegenes Waldstück, in dem Lilly angefahren wurde. Dort stoßen sie auf eine unheimliche Entdeckung: Sieben lebensgroße Puppen, festgebunden an Bäume, in einem Kreis aufgestellt wie bei einem geheimen Ritual.
Doch das ist nur der Anfang. Denn schon bald geschieht ein Ereignis, das so verstörend ist, dass es alles infrage stellt, was Carlotta und Nils bisher über Lilly zu wissen glaubten …
Mein Eindruck
Ich sag’s direkt: Der Schreibstil war wieder der Wahnsinn! Max Bentow schafft es wie kaum ein anderer, mich von der ersten Seite an mitten ins Geschehen zu katapultieren. Keine langen Vorreden, keine unnötigen Längen – man ist sofort drin und kann das Buch kaum aus der Hand legen.
Die Kapitel haben eine perfekte Länge, der Wechsel zwischen den Perspektiven sorgt für Dynamik, und Bentow spielt wieder meisterhaft mit dem Timing seiner Enthüllungen. Gerade, wenn man glaubt, eine Spur zu durchschauen, wirft er das nächste Detail in den Raum, das alles wieder in ein anderes Licht rückt. Genau dafür liebe ich seine Bücher.
Besonders gelungen fand ich diesmal auch die Atmosphäre: Düster, mysteriös, bedrückend. Die Uckermark als Setting ist für mich einfach perfekt gewählt. Ich kenne die Gegend gut und kann bestätigen: Wer einmal dort war, weiß, wie leicht man diese unheimliche Stimmung spüren kann. Die Stille, die dichten Wälder, das Gefühl, dass jederzeit etwas passieren könnte … Bentow hat dieses Gefühl grandios eingefangen.
Und dann die Raben! Die Tiere spielen eine zentrale Rolle und ihre besondere Intelligenz wird so geschickt in die Handlung eingewoben, dass ich teilweise Gänsehaut hatte. Es gibt Szenen, die wirken fast mythisch, ohne je ins Unglaubwürdige abzurutschen.
Der Plot-Twist
Ich war vorbereitet. Dachte ich zumindest. Aber nein: Der Twist hat mich kalt erwischt! Genau so muss es sein – ich liebe es, wenn ein Thriller mich wirklich überrascht. Und auch wenn das Buch durchaus blutig und brutal ist, war es für Bentow-Verhältnisse fast schon „harmlos“. Für mich hätte es gerne noch ein bisschen mehr in diese Richtung gehen dürfen. Aber Vorsicht: Das ist trotzdem nichts für schwache Nerven.
Kritik auf hohem Niveau
Trotz aller Begeisterung gibt es ein kleines „Aber“: Die Dialoge zwischen den Zwillingen wirkten auf mich teilweise absurd und wenig realistisch. Da wäre noch mehr Potenzial drin gewesen. Auch einige Handlungsentscheidungen waren so gut, dass ich mir fast noch eine Spur mehr Tiefe gewünscht hätte. Das ist allerdings wirklich Jammern auf hohem Niveau – vielleicht bin ich einfach schon zu sehr von Bentow verwöhnt.
„Rabenland“ ist düster, spannend, mysteriös – und absolut typisch Max Bentow. Ich habe das Buch verschlungen, bin durch die Seiten geflogen und wurde am Ende trotzdem noch überrascht. Ein Thriller, der durch Atmosphäre und cleveres Storytelling glänzt, mit kleinen Schwächen, die man ihm aber gerne verzeiht.
4 von 5 Sternen ⭐⭐⭐⭐
Eine klare Leseempfehlung für alle Bentow-Fans und Thriller-Liebhaber – und für alle, die die Uckermark noch nie mit so düsteren Augen gesehen haben.