Briefe an die Leser

Ein Brief von Max Bentow

Liebe Leserinnen und Leser,

nachdem ich den 7. Band der Nils-Trojan-Reihe beendet hatte, hielt ich den Moment für gekommen, meinen Ermittler vorübergehend in den Urlaub zu schicken. Dieses Abenteuer hatte ich schon einmal unternommen, als ich „Das Porzellanmädchen“ schrieb, das im Berliner Umland spielt. Diesmal wollte ich mich noch weiter von der Hauptstadt entfernen, ohne anfangs genau zu wissen, wohin mich die Reise führen würde.

Es verging einige Zeit, bis ich die groben Umrisse der Handlung entworfen hatte. Eines Abends erzählte ich meiner Frau davon und sagte ihr, dass ich auf der Suche nach einer besonderen Gegend für die Geschichte sei. Voller dichter Wälder solle sie sein, geheimnisvoll und sogar ein wenig mystisch. Spontan sagte sie zu mir: „Dann lass uns mal zum Blautopf fahren.“ Der Begriff war mir bis dahin unbekannt, und so erfuhr ich von der Karstquelle auf der Schwäbischen Alb mit Höhlen, die tief unter Wasser im Felsgestein liegen und zum Teil noch unerforscht sind. Meine Frau, die in der Nähe von Ulm aufgewachsen ist, war schon als Kind von dem magischen Blau dieses Gewässers fasziniert.

Kurzentschlossen fuhren wir dorthin und mieteten uns für eine Woche in einem Hotel ein. Wir unternahmen lange Wanderungen durch die Gegend. Nicht nur der Blautopf zog mich in seinen Bann, sondern auch die schroffen Felsen in der Umgebung, eine alte Burgruine namens ‚Rusenschloss‘ und natürlich der tiefe, dunkle Wald.

Schließlich entdeckten wir eine Höhle mit einer Öffnung zu einem steilen Abhang hin. Als ich dort ganz nahe am Abgrund stand, nahm die Geschichte in meinem Kopf Konturen an.

Zurück in Berlin häufte ich weitere Notizen an, bis der Zeitpunkt gekommen war, da mich meine Hauptfigur Annie Friedmann drängte, den Thriller endlich niederzuschreiben.

Ausgangspunkt meiner Inspiration für den Roman war neben der Suche nach einer speziellen landschaftlichen Kulisse folgende Frage: Was wäre, wenn sich ein Mann in eine attraktive junge Frau verliebt, die ein großes Geheimnis mit sich herumträgt? Und weiter: Was wäre, wenn dieser Frau der Zugang zu dem Geheimnis verloren gegangen ist und sich erst auf einer Reise in ihre dunkle Vergangenheit wieder auftut wie ein schwindelerregender Abgrund?

Auf einen Verweis zu Grimms Märchen stieß ich übrigens erst später. Es sind diese besonderen, oft nicht zu erklärenden plötzlichen Einfälle, die mir beim Kreieren einer Geschichte in den Sinn kommen. In diesem Fall war es die Idee, dass meine Hauptfigur Annie Friedmann einen roten Regenmantel trägt, wenn sie blutbeschmiert in einem ihr fremden Wald aufwacht und sich an nichts mehr erinnern kann.

Dieser Kapuzenmantel erinnerte mich an Rotkäppchen, und so kam ich zwangsläufig auf den Wolf …

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und spannende Unterhaltung mit meinem neuen Thriller „Rotkäppchens Traum“.

Ihr
Max Bentow